Samstag, 10. September 2022

 

1848 – Revolution in Wiesbaden

Missernten, Teuerungen und folgende Ernährungsschwierigkeiten führten in allen Teilen Europas im vierten Jahrzehnt zu ökonomischen Schwierigkeiten und infolgedessen zu gesellschaftlichen Krisen. Das wirtschaftlich aufstrebende Bürgertum wollte mehr Mitsprache und auch die Arbeiterklasse widersprach der Ständeordnung. Die von Frankreich überschwappenden Unruhen erfassten von Südwesten her schrittweise ganz Deutschland. 

Nassau befand sich hier erstaunlicherweise an der Spitze. Hier kam der Impuls vom Land, von den Bauern, und hier vor allem aus dem Rheingau und Rheinhessen, nach Wiesbaden. Vielleicht spielte eine Rolle, dass sich schon lange ein Kreis Intellektueller beim Freiherren von Itzstein traf (siehe entsprechendes Diorama Sep. 2017). Bis zum 04. März sollen sich über 30.000 Menschen in Wiesbaden versammelt haben, einige riefen die Republik aus und wollten das Zeughaus stürmen. Glücklicherweise war das Militär (in Wiesbaden lag die Artillerie und das 2. Infanterieregiment) wegen der Urlaubszeit nur schwach besetzt und griff nicht ein. Der Herzog weilte in Berlin und eilte sofort zurück. Der alte Georg Böhning, nun Kommandant der am 2. März gegründeten Bürgergarde (auch Bürgerwehr genannt) und Gründer des ersten Arbeitervereins, holte ihn am Abend des 4. März vom Bahnhof ab und geleitete den demonstrativ zivil gekleideten Patron (trug sonst nur Uniform) in das Schloss, wo dieser vom Balkon aus zu den Protestlern sprach und vorbehaltlos die „Neun Forderungen“ anerkannte. Die Stimmung schlug um und der Herzog erntete Hochrufe.

Hier sehen wir den Herzog auf dem Balkon und Böhning im Hintergrund. Das aufgebrachte Landvolk steht zum Sturm bereit, während das Bürgertum doch weiter hinten noch heftig diskutiert. Die Farben der Revolution werden schon einmal geschwungen. Die Waffen sollen bewusst alle ohne Bajonett gewesen sein. Von den alten Häusern existiert nur noch das alte Rathaus, von den anderen konnte ich noch nicht einmal Bilder auftreiben. Die Figuren stammen wieder von den verschiedensten Herstellern.

Die unter Federführung des liberalen Politikers August Hergenhahn formulierten neun Forderungen waren: Volksbewaffnung, Pressefreiheit, Einberufung eines deutschen Parlaments, Vereidigung des Militärs auf die Verfassung, Vereinigungsfreiheit, Öffentlichkeit der Schwurgerichtsverfahren, Umwandlung der Domänen in Staatseigentum, Wahlrecht für alle Staatsbürger, Religionsfreiheit.

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